Ohne Underclass keine Upperclass
Ich habe mir gestern mal den letzten „Underclass“-Podcast der ShortHandedNews angehört.
Da sitzen also ein paar Eishockey-Experten und -Freaks zusammen und reden dann aus der – von Berlin aus grob als „Ruhrpott“ bezeichneten – Gegend über Eishockey unterhalb der DEL.
Der Horizont
In der Folge geht es also nun um die Oberliga Nord, die Mitstreiter in Essen, Herne und Duisburg hat. Alles was diese Vereine betrifft, deckt man auch gut und mit Expertenwissen ab, aber wenn es dann nach „Osten“ geht wird es schon etwas wirrer…
Nicht nur, dass man den Experten anhört, das „Osten“ offenbar irgendwo in Sibirien zu liegen scheint („…die weiten Fahrten…“), sondern auch das Experten wissen endet offenbar eher irgendwo in Niedersachsen.
Mal ehrlich: Das die Icefighters in Leipzig mit dem Umzug in den Kohlrabizirkus nun auch endlich eine Perspektive haben längerfristig zu planen und in der Stadt Leipzig möglicherweise auch bessere Sponsoren für höhere Ziele finden könnten „… wenn sie es denn auch machen…“ ist nun echt keine Raketentechnik an Erkenntnis sondern im Osten ja schon lange bekannt und alle drücken ihnen auch die Daumen.
Der ECC und der Regen
Lustig wird es dann beim Thema ECC Preussen und seinen hochfliegenden Plänen oder Ankündigungen vor Saisonbeginn:
Ich bin ja selber nicht unbedingt ein Freund dieses Clubs, der sich ja noch immer im heroischen Schlagschatten längst vergangener Clubs wähnt. Deshalb hat man auch nie gelernt mal nur kleine Brötchen zu backen oder nur zu veranstalten, was das Geld erlaubt.
„Die ham doch sogar zwei Eisflächen in der neuen Halle, da muss man doch wat machen können…“, ist der erste beliebte Irrtum, denn in Berlin hat nur ein einziger Club eine Eisfläche für sich alleine und das sind die DEL-Eisbären in der Mercedes-Benz-Arena.
Auf keiner einzigen anderen Eisfläche der Stadt spielt und trainiert nur ein Verein und dort zwackt man sich auch noch die DEL-Trainingszeiten und CHL-Spiele ab.
Beim ECC Preussen in der Halle ansässig sind unter anderem auch noch die Berlin Blues aus der Regionalliga Ost und gerade die zweite Eisfläche wird auch noch regelmäßig von der Landesliga Berlin, die 10 Teams umfasst, belegt (von denen auch ein paar dort ansässig sind). Von öffentlichem Eislauf und Kunstlaufvereinen, die auch alle überall Eiszeiten belegen, wollen wir erst gar nicht anfangen.
Die Hallen gehören der Stadt und so kommt es dazu, dass z.B. FASS Berlin und alle anderen die da spielen/trainieren im Dezember die Erika-Heß-Eishalle nicht nutzen können, weil dort zu Weihnachten eine Eiskunstlauf-Veranstaltung stattfindet. Alljährlich. Den ganzen Monat!
Kurzum, selbst wenn der Hauptsponsor in Charlottenburg Dachdecker wäre, er bekäme also nicht die Schlüssel fürs Dach um das zu reparieren und die überdachte Außenfläche ohne Tribüne geht auch nicht für ein Oberliga-Spiel. Und nu?
Zweimal DEL in einer Stadt?
Sehr witzig ist allerdings die Idee, Berlin vertrüge keine zwei Eishockey-Vereine, dass würde ja nirgends gehen. Witzig deshalb, weil die DEL selbst ja schon früher zwei Berliner Vereine gesehen hat, bis Pleiten und die Verweigerung einer Arena im Westen der Stadt (die ja dafür dann bekanntlich in Hamburg gebaut wurde) zum Monopol der Eisbären führten.
Richtiger ist die Vermutung, dass man dem Unternehmen wahrscheinlich wieder Knüppel zwischen die Beine werfen würde. Ohne eine weitere große Halle sind in der Stadt alle Pläne mehr oder weniger hinfällig, denn Eisflächen sind das eigentlich Problem an der Geschichte.
Wenn man die 40 km von Herne nach Duisburg fährt, kommt man, grob gesagt, durch Oberhausen, Bottrop und Gelsenkirchen. Allesamt sogenannte Städte, obwohl nur Duisburg mehr Einwohner hat, als Berlins größter Stadtbezirk Pankow. Die anderen genannten liegen unter der Größe, der vier Stadtbezirke Charlottenburg-Wilmersdorf (ca. 338000), Mitte ( ca. 368000), Friedrichhain-Kreuzberg (ca. 281000) und Lichtenberg (ca. 280000), die man durchqueren muss um von der westlichsten Eishalle der Stadt zur östlichsten zu kommen ( so etwa 20 km).
In Berlin kommt man so an allen 4 wesentlichen Eishallen für Eishockey vorbei, zwei davon fallen für aufstrebenden Spielbetrieb aus: Die Mercedes-Benz-Arena ist von den Eisbären belegt und im Wedding kann man ab der Oberliga nicht mehr spielen, weil man im Dezember keine Heimspiele dort machen kann. Tauglich für die DEL2 wäre so nur der Welli in Hohenschönhausen.
In Oberhausen gäbe es eine DEL-Halle und in Herne und Duisburg sind die Hallen immerhin tauglich für die Oberliga. Das klingt nach mehr Perspektive.
Es wäre in Berlin also rein vom möglichen Einzugsgebiet schon möglich, noch einen Verein zu vertragen, der z.B. in der DEL2 spielt. Nur ist der Raum dafür nicht da.
Im Kernland der Eisbären, im Welli, was etablieren zu wollen, was nicht den Namen Eisbären trägt, ist kaum denkbar. Die anderen Hallen taugen schlicht nix.
Das dann auch niemand mehr Lust hat aufzusteigen, dafür sorgen der Modus der Oberliga und die Bedingungen an Hallen und Moneten der DEL dann schon selber:
Oberliga-Nord und Oberliga-Süd balgen sich um einen einzigen möglichen Aufstiegsplatz in die DEL2, an den dann noch weitere Bedingungen geknüpft werden.
Im Schatten ist duster
In Berlin kommt dazu noch das extreme Aufmerksamkeitsdefizit gegenüber allem, was nicht 1. Liga ist. Es gibt wohl beinahe nix, von dem Berlin nicht ein 1.Liga-Team hat.
Schwierig wird das z.B., weil es in Berlin eben keine Tageszeitung mit bezirklichen Sportteilen gibt und ebenso kein Bezirk eine lokale Tageszeitung, die ihren Blick auf die Geschehnisse des Bezirks und nicht der ganzen Stadt richtet. Das sieht zwischen Herne und Duisburg doch deutlich anders aus.
Das wissen die Jungs bei den ShortHandedNews dann aber auch: Im Schlagschatten eines hellen Sterns ist es besonders dunkel. Da kannst zappeln wie wild, da sieht sich keiner. Selbst wenn du das Geld dafür findest.
Das schlimme daran ist: Ohne Underclass gäbe es die „Upperclass“ der DEL ja auch nicht.
Nicht mal Ovechkin hat mit 3 direkt beim einem NHL-Profiverein angefangen, sondern auch er hat viele Jahre in unterklassigen Vereinen verbracht.
Die Vereine der DEL, die ja mehr oder weniger gezwungen sind, Nachwuchsarbeit zu betreiben, tragen aber schleichend zum Ende dieses Unterbaus bei, in dem sie spätestens in der DNL den talentierten Nachwuchs von überall her zusammenkaufen und damit immer einem kleineren Verein die Aufstellung des nächsten Seniorenteams erschweren.
Weg ist das Talent aus eigenem Hause und man muss wieder irgendwo einen Spieler finden um den eigenen Spielbetrieb erfolgreich zu gestalten…
Wirklich zum Spielen kommen die Jungs in der DEL jedenfalls nicht oft. Das erledigt die Underclass.
Vielleicht sollte man mal einen Podcast „Underclass, jetzt erst recht!“ produzieren, um die Lage mal aus der „Underclass“ heraus zu kommentieren…
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